Walter & Marianne Kaiser
12. Oktober 1963: Europameisterschaft Professional Latein, Hannover
tanz-Illustrierte November 1963
BEWUNDERUNG UND KRITIK - mit den Augen eines Dänen
Die Fernsehübertragung nach der Europameisterschaft der Professionals in lateinamerikanischen Tänzen aus Hannover löste heftige Diskussionen darüber aus, ob das, was die Turniersieger Laird-Lorraine zeigten, noch Gesellschaftstanz sei. Lesen Sie dazu den Turnierbericht eines internationalen Turnierexperten, der im Wertungsgericht sass: Carl G.V. Carlsen aus Kopenhagen.
Es fällt einem dänischen Tanzlehrer, wo auch immer er eines der grossen Tanzturniere in Deutschland erlebt, immer wieder auf, dass das deutschen Volk im Hinblick auf den Gesellschaftstanz in jeder Beziehung sehr, sehr glücklich sein kann. Die Deutschen haben nicht nur eine grosse Zahl von qualifizierten und gut ausgebildeten Tanzlehrern, mit einem gut organisierten und starken Verband im Rücken, sondern sie haben auch sehr schöne und grosse Tanzsäle, ein interessiertes und elegant gekleidetes Publikum, eine interessierte und gut zahlende Fernseh-Organisation, eine gute und ausgezeichnet orientierte Tanzpresse sowie eine Menge grosszügiger Firmen, die für nahezu jeden Preise stiften, der an einem Tanzturnier teilnimmt.
Kein anderes Land kann sich mit diesen Voraussetzungen für ein internationales Ereignis vergleichen. Jedes andere Land hat Schwierigkeiten in mehr als einer der angeführten Gesichtspunkte.
Die Europa-Meisterschaft der Professionals für lateinamerikanische Tänze in Hannover war davon nicht ausgenommen - bis auf eines: Es gab keine Tische mit Sekt, Mosel oder Rheinwein trinkenden Zuschauern im Abendanzug. Um so mehr Gäste konnten sie in dem herrlichen grossen Kuppelsaal der Stadthalle erleben, einem wirklich wundervollen Platz für ein so bedeutendes Ereignis.
Das Turnier, von Fred und Aenne Dieselhorst veranstaltet und von Bruno von Kayser geleitet wurde von fünf Wertungsrichtern entschieden:
Inge Schmid
Haase
Bus, Holland
Carlsen, Dänemark
und Petrides, England.
Es tanzten 15 Paare aus zehn Ländern. Natürlich gewann das englische Paar, Laird-Lorraine, die Meisterschaft. Sie waren überragend, obwohl ich meine, dass sie heute zu auffällig "für die Galerie" tanzen. Ihr Tanzen ist mehr Kabarett-Schau als Gesellschaftstanz. Aber ich muss berücksichtigen, dass sie Musik und Rhythmus besser ausdeuten als jedes andere der übrigen Paare.
Walter und Marianne Kaiser aus Zürich sind dagegen wirkliche Gesellschaftstänzer, und sie waren ebenfalls sehr, sehr gut. - Wenn man lateinamerikanisches Tanzen mehr aus diesem Blickwinkel betrachtet, so müssten sie gewinnen. So waren sie sehr sichere zweite Preisträger. Im Paso doble, meine ich, waren sie weit besser als die Sieger.
Genau so sicher wurde das Paar Opitz-Hädrich Dritter. Es gefällt mir besonders in Paso doble und Cha-Cha-Cha.
Das weitere englische Paar, O'Hara, gefiel mir in diesem Feld am allerwenigsten. Sie übertrieben alles und zeigten hin und wieder eine sehr schlechte Körperlinie. Selbst wenn wir lateinamerikanisches Tanzen als Schau betrachten, bin ich der Auffassung, dass dieses Paar in den meisten Bewegungen des Guten zuviel tut.
In der Endrunde von sechs Paaren wünschte ich das japanische Paar Shinoda zu sehen. Sie tanzen sehr elegant und sehr sauber. Vielleicht sind sie nicht genügend auf Schau aus, aber für meine Begriffe zeigten sie eine reizvolle Auffassung der lateinamerikanischen Tänze in gesellschaftlicher Form.
Geminds wurden Fünfte und Voeten-Assman Sechste - und das war in Ordnung. Beide Paare verdienten einen Platz unter den letzten Sechs.
Als Wertungsrichter hätte ich gern Irvines und Eggleton-Winslade in diesem Wettstreit dabeigesehen. Aber selbst so, wie es war, ohne die beiden genannten Paare, wurde es einer der bedeutendsten Abende im europäischen Tanzen.
Es war ferner ein guter Gedanke, das Vergnügen durch einen Festball in den wunderschönen Gesellschaftsräumen der Stadthalle fortzusetzen. Herzlichen Dank den Veranstaltern und dem Oberbürgermeister von Hannover!
Carl G.V.Carlsen
Auf einen Blick:
1. Laird-Lorraine
2. Kaiser
3. Opitz-Hädrich
4. O'Hara
5. Geminds
6. Voeten-Assman