Wer kennt sie nicht, die Geschichte mit dem Velo (Fahrrad), mit dem Trudi Schmucki 1947 im Alter von 22 Jahren von London nach Zürich gefahren ist! Man muss sich das einmal vorstellen: Von Edgware/London nach Dover sind es rund 145 km, von Calais nach Zürich ca. 850 km, d.h. insgesamt rund 1000 km! Die französischen Nebenstrassen sind heute noch nicht überall in einem besonders guten Zustand. Damals, kurz nach dem 2. Weltkrieg, dürften sie z.T. noch schlechter zu befahren gewesen sein. Umso beachtlicher ist die Leistung!
Beim Velo handelte es sich um ein Herren-Rennvelo, und Trudi wurde deshalb oft belächelt - eine Frau auf einem Herren-Rennvelo war in der damaligen Zeit etwas völlig Aussergewöhnliches. Aus dem Lächeln wurde aber bald Respekt, als Trudi an einem Velorennen von Zürich nach Baden als einzige weibliche Teilnehmerin allen anderen davon- und als erste durchs Ziel fuhr!
Bewegung, Energie und Einsatz total ziehen sich wie ein roter Faden durchs Leben von Trudi Schmucki: Tanzen, Schwimmen, Aquafit, Waterjogging, Aerobic, Gartenarbeit, Velofahren, Reisen hat sie leidenschaftlich betrieben und tut es z.T. heute noch. Ihre Verdienste um die schweizer Gesellschafts- und Turniertanzszene sind kaum zu übertreffen! Die Engländer kennen für diese Hingabe, diesen totalen Einsatz ein schönes Wort: Dedication.
Trudi Schmucki wurde am 20. März 1925 in London geboren. Ihre Eltern, Milly und Willy Lichtensteiger-Grob, waren wenige Jahre zuvor von St. Gallen nach England emigriert. 1928 kam ihr Bruder William (Bill) auf die Welt. Die Familie erlebte erste glückliche Jahre. Nach den Wall Street Crashes 1929/30 und der damit verbundenen weltweiten Wirtschaftskrise wurden die zwei Kinder vorübergehend bei den Grosseltern in der Schweiz untergebracht (die Mutter kam mit), wo Trudi Schmucki zwei Jahre die Primarschule in Lachen besuchte, mit ein Grund, warum sie neben Englisch auch akzentfrei Schweizerdeutsch spricht. 1933 stabilisierte sich die Weltwirtschaft, und einer Rückkehr nach England stand nichts im Wege.
Erste Kontakte zum Ballroom Dancing fanden im Alter von 12 Jahren statt. An der Mädchenschule, die Trudi besuchte, gab es zwei Gymnastiklehrerinnen, die ihr die ersten Schritte (Herren- und Damenschritte) beibrachten. Leider wurde auch diese schöne Zeit durch den Ausbruch des 2. Weltkriegs 1939 jäh unterbrochen.
1944 starb Trudis Mutter an einer schweren Krankheit. Der Schock war gross. Spannungen mit dem Vater und eine Ferienreise in die Schweiz 1946 resultierten in dem Entschluss, 1947 für ein Jahr in die Schweiz zu gehen, um die Sprache wieder aufzufrischen. Im Frühling 1947 absolvierte Trudi noch in England die Tanzlehrer-Prüfung, was ihr in der Folge in der Schweiz von grossem Nutzen war und ihr Leben von Grund auf veränderte:
Nach 8 Monaten Arbeit als Service-Angestellte im Café Huguenin an der Bahnhofstrasse in Zürich wurde ihr von der Tanzschule Jenzer eine Stelle als Assistentin angeboten, die sie kurz entschlossen annahm und während zwei Jahren innehatte. Gotthilf Jenzer hatte seine Tanzschule im Jahr 1938 gegründet und führte sie bis ins Jahr 1955. Danach verkaufte er sie an Frau H. Hugentobler, der Mutter von Marianne Wolff, Walter Kaisers erster Tanzpartnerin. Gotthilf Jenzer selbst eröffnete im gleichen Jahr eine neue Tanzschule in Thun.
Aus dem 1. Nachrichtenblatt der Tanzschule Jenzer 1955 - Zu beachten: Dickgedrucktes über Foto |
Mit Gotthilf Jenzer tanzte Trudi 1949 nicht nur die Schweizer Meisterschaft der Professionals in Lausanne, sondern auch ein Turnier in San Remo (Januar 1950). Und in der Tanzschule lernte sie ihren späteren Ehemann und Tanzpartner kennen, Albert Schmucki. Spätestens dann war von einer Rückkehr nach England nicht mehr die Rede.
Albert Schmucki (18.6.1907-26.8.1990) war mit seiner ersten Frau Agnes (geb. Kaufmann) ein sehr erfolgreicher Amateur-Turniertänzer: Schweizer Meister von 1934-41 und 1948/49. Damit waren sie noch erfolgreicher als ihre ebenfalls sehr erfolgreichen Vorgänger Charles und Else Kuhn-Aebersold (Schweizer Meister von 1928-33). Ihr erstes Turnier bestritten Albert und Agnes Schmucki am 30. Januar 1932, ihre zwei letzten Meisterschaften fanden am 4. September 1948 in Basel und am 16. Juli 1949 in Baden statt.
Aus den 1930er-Jahren sind uns nur wenige weitere Turnierpaare bekannt, z.B. die Geschwister Erika und Gustav Fromm, die am 29. September 1934 an einer internationalen Meisterschaft in Zürich den 1. Preis ex aequo in der Kategorie „prof. A“ gewannen (Tanzschule Fromm, Basel: Gegründet 1894 von August Fromm, 2. Generation: Gustav Fromm, 3. Generation: Suzanne und Bernhard Urfer-Fromm, 4. Generation: Geschw. Bettina und Marco Urfer).
In den 1940er-Jahren gab es drei besonders erfolgreiche Amateur-Turnierpaare aus der Schweiz: Jakob Gerschwiler und Maisie Walker – Welt- und Europameister 1947 in den Standardtänzen, Louis Huber und Frau – 3. Platz EM Standard 1947 (Quelle: www.tanzsport.de) und Aldo und Edith Crivelli - Europameister in den lateinamerikanischen Tänzen 1949 (Quelle: „Der Tanzsport in der Schweiz“). Jakob Gerschwiler machte sich später auch als internationaler Eiskunstlauf-Trainer einen grossen Namen. 1950 folgte noch ein dritter Platz an der EM Amateur Standard durch das Ehepaar Leblanc.
Bei Albert und Agnes Schmucki verdient ein internationales Resultat besondere Erwähnung: 1939, an der Europameisterschaft Amateur Standard im Deutschen Theater in München, errangen sie den 5. Platz! Bei dieser Gelegenheit tanzten sie auch die verbotene Carioca (der Rumba ähnlich) und begeisterten damit das Publikum. (Europameister wurden die legendären John Wells und Renee Sissons aus England, Vize-Europameister Otto und Inge Teipel aus Deutschland).
Alle Tänzer, die die Zeit zwischen dem 1. und 2. Weltkrieg miterlebt haben, verdrehen die Augen vor Begeisterung in Erinnerung an wunderschöne und unvergessene Zeiten, wenn von Zoppot die Rede ist. Wir haben 1984 zum ersten Mal von Zoppot gehört, in der ausgezeichneten Dokumentation von Uly Wolters über den Turniertanz: "Was machst Du mit dem Knie, lieber Hans - Wie aus Tanzen Sport wurde" (ZDF, Sonntagsmatinee). Erst im Zusammenhang mit dieser Würdigung bin ich dazu gekommen, mich mit dem Phänomen Zoppot etwas genauer zu beschäftigen:
Zoppot (heute Sopot) liegt in Polen an der Ostsee, 12 km nördlich von Gdansk (früher Danzig). Bereits 1819 wurden die ersten Badehäuser erbaut. In der Folge entwickelte sich Zoppot zu einem mondänen Badeort. Hatte Zoppot 1772 nur 300 Einwohner, waren es 1901 bereits über 10'000. Dazu kamen jährlich 12-13'000 Gäste. Die Bevölkerung bestand aus grosser kultureller Vielfalt: Zur einheimischen kaschubischen Bevölkerung gesellten sich Deutsche, Juden, Polen und Russen. Nach dem 1. Weltkrieg wurde Zoppot nach Danzig eingemeindet (Versailler Vertrag). Danzig gehörte damals zu Deutschland: "Die Polen waren ausser sich, und die Deutschen fürchteten um ihre polnischen Badegäste. Aber die Sorge war unbegründet. Zoppot war bald das beliebteste Bad an der Ostsee, das Monte Carlo in der Zeit zwischen den Weltkriegen. Ein zweiwöchiger Kuraufenthalt gehörte zum guten Ton für die Warschauer Gesellschaft..."
1945 brannte die Sowjetarmee die meisten Herrenhäuser nieder und fast alle Deutschen wurden vertrieben.
Quelle: http://home.arcor.de/miro2/zoppot.htmUnter www.danzig-kultur.de/kultur/zoppot.html findet man über Zoppot:
"Phantom eines Seebads - Zoppot hat den blättrigen Glanz eines ehemaligen mondänen Weltbades. Schon im 16. Jahrhunderts war das damalige Fischerdorf eine beliebte Sommerfrische der Danziger Patrizier. In den "roaring twenties" verjuxten hier Reiche und Mächtige im Casino ihr Geld, flanierten durch die Gassen und amüsierten sich auf der Pferderennbahn. Seinen Aufstieg zum berühmten Kurbad verdankt es einer Episode, die sich hier Anfang des 19. Jahrhunderts zugetragen hat: Jean George Haffner (aus Colmar/Elsass), ein im napoleonischen Heer dienender Arzt, war beim Durchmarsch durch Zoppot von dem Ort so angetan, dass er sich mit einer Arztpraxis hier niederliess. Er wird zum Verkünder der wohltuenden Wirkung des milden Seeklimas auf Körper und Geist und kauft 1823 die ersten zwei Morgen Land an, auf denen er im Laufe der Jahre eine Badeanstalt und ein Kurhaus mit Seesteg errichtet.
Als 1870 die Eisenbahnverbindung zwischen Berlin und Warschau ihren Dienst aufnimmt, steht dem Aufschwung des kleinen Ortes an der Danziger Bucht nichts mehr im Wege..."
http://home.arcor.de/miro2/zoppot.htm |
Selbstverständlich fanden jede Menge Tanzturniere und sogar Meisterschaften in Zoppot statt (1937 + 38 z.B. die Weltmeisterschaften Amateure Standard). An der Standard-WM 1938 haben Albert und Agnes Schmucki nachweislich teilgenommen. Das Resultat ist zwar nicht bekannt, doch dürften sie einen guten Halbfinal-Platz erreicht haben (1939 waren sie an der Standard-EM im Finale, s. oben).
Albert und Agnes Schmucki hatten sich Ende der 1940er-Jahre auseinandergelebt (nach 21 gemeinsamen Jahren). Albert und Trudi Schmucki verliebten sich und zogen im März 1950 zusammen, d.h. sie mieteten sich zwei separate Zimmer, denn Konkubinat wurde damals noch strafrechtlich verfolgt. Ein Jahr später heirateten sie und verbrachten 40 glückliche Jahre zusammen.
Wie in praktisch allen Ländern heute noch üblich und bis in die 1990er-Jahre auch in der Schweiz, wurde strikt unterschieden zwischen Amateuren und Professionals. Da Trudi Schmucki bereits Tanzlehrerin war, mussten die Zwei zwingend bei den Professionals starten, und dies mit grossem Erfolg:
Im August 1950 wurden sie in Ste Croix auf Anhieb Schweizer Meister der Professionals (2. Jenzer). Der Titel wurde 1951 in Lausanne erfolgreich verteidigt. 1952 wurden sie in Baden Vize-Schweizer Meister der Professionals (1. Walter Kaiser und Marianne Wolff). In der Folge gab es mangels Teilnehmer bis auf weiteres keine Professional-Meisterschaften mehr.
Albert und Trudi Schmucki haben die Schweiz bis zu ihrem Rücktritt 1959 an allen wichtigen Meisterschaften und internationalen Turnieren vertreten und sich in beiden Disziplinen (Lateinamerikanisch und Standard) hervorragende Platzierungen ertanzt, u.a.:
1951 - Westeuropa-Meisterschaft der Professionals in Baden: 4. Platz(Anmerkungen: 1957 gab es keine Europameisterschaft, wegen dem "Rumbakrieg", von 1951 bis 1958 keine Weltmeisterschaften.)
Hans-Georg Schnitzer schrieb über die Europameisterschaft 1958 und über Schmuckis u.a.: „...die einsetzende Tanzschau war eine Folge des Besten, das Europa den Hochfesten der Gesellschaftstanzes zu schenken vermag, eine Kette von tänzerischen Spitzenleistungen, in der jede für sich Krönung eines grossen Balles wäre: Albert und Trudi Schmucki mit ihrem Slowfox...“
Auch die Live-Fernseh-Übertragung begeisterte ungemein: "Weiter so!" heisst es in einem Brief an die Redaktion. "Bei uns sassen Turnier-Fanatiker und -Neulinge, Tänzer und Nichttänzer, Grosseltern und Enkel zusammen. Und die Anfänger der Walzerseligkeit wie die Fans der Elvis-Presley-Platten waren sich einig in dem Urteil: Ein solches Programm würden wir mit Beifall jede Woche auf dem Bildschirm begrüssen!"
Tanz Illustrierte Nr. 72, Oktober 1958: EM Pro Latein, 5. Platz für Schmuckis! |
Die Latein-Disziplin bestand in den 1950er-Jahren aus: Rumba, Samba und Paso Doble (in Deutschland fungierte der Tango von 1958-60 häufig als vierter Latein-Tanz, auch an der Europameisterschaft 1958). Der Cha Cha Cha kam 1961 hinzu, der Jive bei den Professionals Ende der 1960er-Jahre, bei den Amateuren erst 1976.
Geht man die Liste der weiteren Turnierorte durch, findet man die Schwerpunkte in Deutschland, England, Italien und der Schweiz. 1952 tanzten Schmuckis an der Südeuropameisterschaft Standard und Latein in Como, 1954 ein internationales Professional-Turnier "Grand Prix des Nations" in Genf. Bad Kissingen ist häufig aufgeführt, Mailand, Venedig, Cortina d'Ampezzo, Salsamaggiore, München, Stuttgart, Würzburg und natürlich die International Championships (gegründet von Elsa Wells, der Schwester von John Wells) in der Royal Albert Hall in London.
1952 waren Schmuckis und andere internationale Professional-Spitzenpaare eingeladen für die beliebte Alois Müller-Tournee durch die Schweiz. Sie führte nach Luzern, Lenzerheide, St. Moritz, Sils-Maria, Schuls-Tarasp und Baden.
Mit der Europameisterschaft 1959 der Professionals in den Standardtänzen beschlossen Trudi und Albert Schmucki ihre Turnierkarriere (20.11., Amsterdam).
Albert und Trudi Schmucki haben unzählige Shows im In- und Ausland gegeben, u.a. an der Schweizer Meisterschaft 1960 im Kongresshaus Zürich (zusammen mit Walter und Marianne Kaiser). Im Programm waren diese Shows als Tanzeinlagen aufgeführt.
Schweizer Meisterschaft 1960 (Amateure): Aus dem Programmheft |
Die Trainer von Schmuckis waren u.a. Harry Tucker und Eve Kelly, Victor Barrett (1. Partner von Doreen Freeman), Frank Ford, Frank South, Maisie Harrison und Desmond Ellison, und Eric Hancox.
Eric Hancox war eine der angesehensten Kapazitäten unter den Top-Trainern seiner Zeit. Anthony Hurley beschreibt seine ersten Stunden mit ihm wie folgt:
"Als Fay (Saxton) und ich noch nicht alles gewonnnen hatten, was es zu gewinnen gab, war da doch ein Tanz, den wir praktisch nie verloren: den Tango. Und trotzdem gab es da immer einen Wertungsrichter, der uns, wenn er da war, regelmässig an die dritte oder vierte Stelle setzte. Es war Eric Hancox aus Manchester. Warum macht er das, fragten wir uns, und entschlossen uns eines Tages, zu ihm zu fahren. Seine ersten Worte waren, ich weiss es noch gut: 'Na, ihr kommt wohl, um von mir besser gewertet zu werden.' - 'Nein, wir kommen, um herauszufinden, was Sie an unserem Tango auszusetzen haben.' - 'Genau das wollte ich hören!' sagte er lachend.
Im anschliessenden zweistündigen Unterricht hat er unseren Tango auseinandergenommen, nein, er hat unseren Tango zerfetzt. 'Natürlich habt ihr einen fabelhaften Tango', sagte er, 'aber in meinen Augen ist er viel zu wuchtig, viel zu athletisch.' Wir versuchten, seinen Anweisungen zu folgen mit dem Resultat, dass in den nächsten Turnieren die Leute zu uns kamen und uns fragten: 'Was um Himmels willen ist mit eurem Tango passiert?'
Sollten wir nun zu dem zurück, was wir vorher gemacht hatten? Nach einigem Zögern entschied ich mich, in Erics Richtung weiterzumachen, und plötzlich hatte ich ihn wieder, den Tango. Aber plötzlich war er mühelos. Ich konnte die Musik besser hören, der Tangocharakter wurde akzentuierter - ich tanzte auf einmal mit halber Kraft und doppelter Wirksamkeit."
Die Tanzlehrer-Weiterbildung wurde von Trudi Schmucki regelmässig vorangetrieben und sie erwarb von 1947-1970 zahlreiche Diplome. Ausbilder dabei waren u.a. George Eliot und Alex Moore. Prüfungsexperten weitere englischen Tanz-Koryphäen, z.B. Doris Lavelle und Sydney Francis.
Als besondere Auszeichnung für Schmuckis darf die Tatsache betrachtet werden, dass sie über Jahre den Einband von Alex Moores Technikbuch „Gesellschaftstanz“ (ISTD) zierten, das über Jahrzehnte die Tanzbibel schlechthin war (erstmals erschienen im November 1936). Weltweit haben Tausende von Tanzlehrern ihre Ausbildung und Prüfung nach diesem Buch absolviert und tun es noch heute! (Das Pendant des IDTA ist die „Technique of Ballrom Dancing“ von Guy Howard, erstmals erschienen 1976.)
Der Anfang als Tanzlehrer und Trainer war schwer (Raum und Anzahl Kunden). Ihren ersten Unterricht gab Trudi Schmucki in einem kleinen Saal im Restaurant Karl der Grosse in Zürich. Albert Schmucki arbeitete vorläufig weiter auf seinem Beruf als Gipser. Im Januar 1951 konnten sie in Räumlichkeiten an der Schoffelgasse in Zürich einziehen, bestehend aus einem Tanzsaal von 70m2 und einem Nebenraum von 10m2, den Schmuckis zum Wohnen benutzten. Eine Privatstunde (60 Minuten) kostete damals Fr. 8.--. Ein Kurs von 10 x 2 Stunden Fr. 30.--.
1955 gründeten Schmuckis ihren Tanzklub "Zürcher Tanzklub Schmucki" (ZTS) und trainierten viele erfolgreiche Turnierpaare und Schweizer Meister. 1956 konnte Albert Schmucki seine Handwerker-Tätigkeit aufgeben und sich ganz der Tanzschule und der eigenen Tanzkarriere widmen.
Einer der prominentesten Mitglieder ihres Tanzklubs war Rudolf Trautz, der von 1955-58 in Zürich weilte. Er tanzte zuerst mit Inge Schmid, später mit Mechtild Trautz. Mit Mechtild Trautz wurde er, nach dem Rücktritt der Welt- und Europameister Walter und Marianne Kaiser aus der Schweiz, mehrfacher Europa- und Weltmeister der Professionals in den lateinamerikanischen Tänzen.
Tanz Illustrierte Nr. 182, Dezember 1967: Die Rudi Trautz-Story |
Von 1950 bis in die 1970er-Jahre organisierten Schmuckis unzählige nationale und internationale Turniere und Meisterschaften, 1957 z.B. das erste Turnier, eine Schweizer Meisterschaft, das live am Schweizer Fernsehen gesendet wurde. Aus dem Programmheft: 27. April 1957, Kongresshaus Zürich, Wertungsrichter: Victor Barrett, London, Turnierorchester: Bert Grellmann, Turniertänze: Engl. Waltz, Tango, Wiener Walzer, Slowfox, Rumba-Boléro, Quickstep. Es gab 3 Modeschauen und eine Tanzshow von Albert und Trudi Schmucki, und der Ball dauerte von 20h bis 5h morgens!
Es gab eine C-Klasse, eine Seniorenklasse und eine Allgemeine Klasse (die heutige Hauptklasse B-S, die S-Klasse wurde Championklasse genannt).
In der C-Klasse starteten die bestehenden C-Klassen-Paare und Paare, die noch nie ein Turnier getanzt hatten (es gab keine Pflichtturniere). Für die Seniorenklasse galt: Paare, deren männlicher Partner das 40. Altersjahr überschritten hatte, konnten, mussten aber nicht in der Seniorenklasse starten.
Die Tänze der C-Klasse: Engl. Waltz und Quickstep. Die Tänze der Seniorenklasse: Die heutigen Standardtänze. Die Tänze der Allgemeinen Klasse, 1. Runde: Engl. Waltz, Tango, Quickstep; 2. Runde: Engl. Waltz, Tango, Quickstep, Slowfox; 3. Runde: Engl. Waltz, Tango, Wiener Walzer, Slowfox, Rumba Bolero, Quickstep.
Paare, die in der 1. Runde der Allgemeinen Klasse (B-S) ausschieden, galten als B-Klassen-Paare. Paare, die in der 2. Runde ausschieden, als A-Klassen-Paare.
Die 3. Runde war die Finalrunde und wurde von 6 Paaren getanzt. Diese 6 Paare bildeten die Championklasse.
Die 6 besten (schweizer) Paare bildeten die Nationalmannschaft.
Als Tenue war für die Damen ein Tanzkleid vorgeschrieben, für die Herren Frack, Smoking oder dunkler Anzug.
Bis zum Anmeldeschluss 14 Tage vor der Meisterschaft mussten die Lizenzen bezahlt werden (Fr. 5.-- pro Person). Teilnehmer, die ohne Startbuch an der Meisterschaft erschienen, mussten eine Busse von Fr. 2.-- bezahlen. Für die Startnummer musste ein Depot von Fr. 3.-- hinterlegt werden. Klare Regeln, die bestimmt wegen schlechten Erfahrungen aufgestellt werden mussten.
Und man höre und staune: "Den 6 aus dieser Meisterschaft hervorgehenden Champion-Paaren werden laut Turnierordnung (SATV) die Bahnspesen 2. Kl. vergütet."
Ein Hotel war organisiert worden (Hotel "Rothus", Marktgasse, Zürich). Ein Doppelzimmer mit Frühstück, alles inbegriffen, kostete Fr. 16.10. Ein Einzelzimmer genau die Hälfte (Fr. 8.05).
Die Eintrittspreise für die Meisterschaft 1957: Fr. 8.80 (reservierte Plätze), Fr. 6.60, Fr. 5.50. Die Turnierpaare hatten selbstverständlich freien Eintritt.
Die Schweizer Meisterschaft 1957 warf national und international ziemlich hohe Wellen auf, da die Sieger, Herr Trautz als Deutscher / Frl. Schärer, Zürich "hors concours" (ausser Konkurrenz) tanzen mussten und die Zweitplatzierten Schweizer Meister wurden!
Zeitungsausschnitt Ende April 1957 (Einwandfreie Durchführung / Mit Rangliste der Champion-Klasse) |
Berner Tagblatt vom 2. Mai 1957 (Botschaft u.a.: Berner Paar zu schlecht bewertet / Mit Ranglisten der besten Paare) |
Tanz Illustrierte Nr. 56, Juni 1957 (Kritisch, z.T. ironisch, staunend / Mit Ranglisten und Liste Nationalmannschaft) |
Zürcher Tageszeitung (Kritisch, mit Reaktionen und deutlichen Hinweisen aus Insiderkreisen/Fachkreisen) |
Bis zur Gründung des Schweizer Amateur Tanzsport Verbandes (SATV jetzt STSV), wurden die Tanzturniere und Meisterschaften ausschliesslich von Tanzschulen und Tanzlehrer-Verbänden (es gab mehrere) organisiert. So findet man z.B. in der Tanz Illustrierten Nr. 15 vom Januar 1954 Turniertermine in der Tanzschule G. Fromm, Basel, der Tanzschule G. Jenzer, Zürich und der Tanzschule J.H. Schürch, Bern.
Aus der Tanz Illustrierten Nr. 15 vom Januar 1954 |
1957 ist Albert Schmucki als Beisitzer im SATV aufgeführt (TI Nr. 53, März 1957). Immer wieder ist Trudi Schmucki an Schweizer Meisterschaften im Schiedsgericht zu finden (z.B. 1963 und 1971). 1971 organisierten Schmuckis eine weitere Schweizer Meisterschaft (Kombination, 13. Nov. 1971, Hotel Kronenhof, Neuaffoltern): "... Veranstalter - der Zürcher Tanzclub Schmucki (ZTS) und die Tanzschule Schmucki - ... Schon vor Turnierbeginn erhielt jedes Paar eine Kleinigkeit, und erst die Preise nachher - man fragt sich immer wieder, wie man das bei Schmuckis schafft. Das Doppeljubiläum - 20 Jahre Schule, 15 Jahre Club - war wirklich ein guter Grund, die Meisterschaft hierher zu vergeben... Was diesen Abend aber unvergesslich machte und ihm das Glanzlicht aufsetze, war unzweifelhaft die Tanzshow von Anthony Hurley und Fay Saxton... Minutenlanger Beifall für dieses sympathische Paar, das uns eine Tanzdemonstration zeigte, die noch lange in unserer Erinnerung bleiben wird. Dank hier auch den Organisatoren - speziell Frau Schmucki -, welche dieses Paar nach Zürich brachten. " (Friedel Husemann, SATV-Kurier 5/1971)
Albert und Trudi Schmucki haben sich auf der ganzen Linie für den Gesellschafts- und Turniertanz, für Amateure und Professionals eingesetzt. Die Tanzszene verdankt ihnen sehr viel!
Schmuckis berichteten in Zeitschriften immer wieder von Meisterschaften, Turnieren oder Kongressen. Ein erstes Zeugnis dafür habe ich 1953 gefunden, als Albert Schmucki eine Episode an der Südeuropa-Meisterschaft in Venedig beschrieb: "Zwischenfall in Venedig: In Venedig wurde für Turnierpaare und Funktionäre eine Bootspartie zur Besichtigung einer Glasbläserei veranstaltet. Auf der Rückfahrt zog Alex Moore (für diejenigen, die das noch nicht wissen: der führende Repräsentant des englischen Tanzstiles) einen Schuh aus, und - plumps! - schon war dieser im Wasser verschwunden. Was tun? - Er warf den anderen Schuh hinterher. Ob er sich, den einstigen Dogen gleich, die freilich in solchen Fällen einen kostbaren Ring opferten, dem Meer vermählen wollte? Natürlich nützen die Schuhe dem Tänzer mehr als der wertvollste Schmuck.“
Auf den Fotos war Alex Moore u.a. abgebildet, wie er auf Strümpfen zurück ins Hotel marschierte. Albert Schmuckis humorvoller Kommentar dazu: „Die Haltung lässt zu wünschen übrig!" (TI Nr. 12, Oktober 1953)
Das Internet ist eine unerschöpfliche Fundgrube! Meine Frau Evelyne hat unter www.tvprogramme.net/index.html eine Sendung des Ersten Deutschen Fernsehens (ARD) aufgetrieben:
Sonntag, 10. Oktober 1954, 20.00 - 22.00 Uhr, Internationales Tanzturnier um den grossen Preis des NWDR-Fernsehens: Großbritannien / Irland gegen Kontinental-Europa.
Es starten für Großbritannien / Irland: England: Henry Kingston - Joy Tolhurst; Stan Dudley - Edna Reed; Jack McGregor - Bemil Twiggs / Schottland: Jahn Steward - Mary McPherson / Irland: Sammy Leckie - Vera McCartan / Kapitän: Alex Moore.
Kontinental - Europa: Dänemark: Fredie Pedersen - Jytte Pedersen / Deutschland: Paul Krebs - Margit Krebs / Frankreich: Roger Ronnaux - Micheline Ronnaux / Holland: Wim Voeten - Jeanne Assman / Schweiz: Albert Schmucki - Trudi Schmucki / Kapitän: Herbert Heinrici.
Wertungsrichter: Carel Paumen / Turnierleiter: Max Wendt / Turnier-Orchester: Das Hamburger Radio-Tango-Orchester / Leitung: Franz Thon / Eine Übertragung aus der Festhalle von "Planten un Blomen" in Hamburg. Diese Übertragung wird ab 21.15 von den Fernseh-Sendern Hollands, Englands und Belgiens übernommen.
Alex Moore schrieb über diesen Team-Kampf und über Schmuckis: "Sehr angenehm überrascht war ich von der verbesserten Leistung der Schmuckis aus der Schweiz. Technisch waren sie ausgezeichnet, obwohl sie noch etwas mehr von jener Parkettwirksamkeit gewinnen müssen, die das moderne Tanzen erfordert." (TI Nr. 25, Novem-ber 1954)
Bericht von Alex Moore "Sturmfahrt durch den Kanal" (TI Nr. 25, November 1954) |
Nach ihrer aktiven Zeit als Turniertänzer (ab 1959) wurden Schmuckis oft und gerne als Wertungsrichter eingeladen. Albert Schmucki war z.B. 1962 einer der ausländischen Wertungsrichter an den International Championships in der Royal Albert Hall in London (1. November 1962). Was für eine Ehre! Für Trudi Schmucki dürfte die Weltmeisterschaft Professional Latein 1979 in Wettingen einer der Höhepunkte gewesen sein. Ende der 1980er-Jahre zog sich Trudi jedoch, enttäuscht von den in der Turnierszene herrschenden "Politics", von der Wertungsrichter-Tätigkeit zurück, leider!
Wir haben Trudi Schmucki erstmals als Wertungsrichterin erlebt. Sie hat uns an mehreren Turnieren von 1983-85 in verschiedenen Startklassen bewertet. Dabei haben wir sie als strenge aber faire Wertungsrichterin kennen und schätzen gelernt. Sie wertete sehr differenziert und stand zu ihrer Wertung, so wie es sein sollte!
Eine weitere Begegnung fand 1989 statt, als sie meine Tanzlehrer-Prüfungsexpertin in der Standard-Disziplin war. Ich weiss noch genau, dass sie das Vortanzen der einzelnen Tänze sehr kurz hielt, mit der Begründung: "Tanzen können Sie ja als Schweizer Meister, die Theorie interessiert mich!" Dabei hätte ich so gerne länger getanzt - 90 Minuten Prüfung am Stück sind eine kleine Ewigkeit!
Ein einziges Turnier haben wir zusammen gewertet, als Trudi Schmucki 1992 doch nochmals die Reg Borrow Basic Trophy wertete (mit Ursi Arni, Reg Borrow und Rolf Schneider).
Das nächste Zusammentreffen im Jahr 2003 war sehr traurig: Die Beerdigung von Reg Borrow, unserem gemeinsamen Freund. Unser "Letzter Brief an einen Freund" (CH-Tanz 4/2003 und www.emsbs.ch) hat sie beeindruckt.
Seitdem haben wir uns mehrmals getroffen. Sie hat uns erfreulicher- und verdankenswerterweise viele Zeitschriften und Fotos über die schweizer Tanz-Geschichte ausgeliehen oder überlassen und viele Fragen beantwortet. Ohne diese Bereitschaft wäre diese Würdigung nicht möglich gewesen. Beeindruckend dabei war und ist ihr ausserordentliches Jahreszahlen- und Namens-Gedächtnis.
1955 gab es 7 Tanzlehrer-Verbände in der Schweiz (für rund 110 Tanzlehrer)! Diese Tanzlehrer-Mini-Verbände und Splittergruppen hatten sich während Jahrzehnten z.T. erbittert bekämpft (der "Kantönli-Geist" / eigene Interessen lassen grüssen). Da sie keine Einigung erzielen konnten, schaltete sich der internationale Verband ICBD ein:
"An dieser Sitzung vom 28. März in Paris erschienen die Vertreter der beiden sich bekämpfenden schweizer Professional-Lager (die Herren Massmünster, Schürch und Althaus auf der einen, die Herren Müller und Probst auf der anderen Seite), um ihre persönlichen Interessen und diejenigen ihrer Verbände zu verfechten.
Die Herren sollen sich dieser ihrer Aufgabe mit grossem Aufwand angenommen und erledigt haben. Leider stehen aber wieder einmal Aufwand und Resultat in umgekehrtem Verhältnis zueinander. Die Herren wurden allesamt heimgeschickt, mit der Aufforderung, an der nächsten ICBD Sitzung wiederum, aber g e e i n t (?) zu erscheinen. Ausserdem hatten sie das zweifelhafte Vergnügen, eine 6monatige Turniersperre für die ganze Schweiz einkassieren zu müssen..."
(Anmerkung: Von dieser Sperre betroffen waren sowohl die Professionals wie auch die Amateure.)
1. Nachrichtenblatt der Tanzschule Jenzer 1955 - Zu beachten: Dickgedrucktes unter Foto und weiter unten |
In der Folge schlossen sich die grössten schweizer Tanzlehrer-Verbände zu einem Verband zusammen, dem VTVS (Vereinigte Tanzlehrer-Verbände der Schweiz). Es sollte aber noch beinahe weitere 30 Jahre dauern, bis alle schweizer Tanzlehrer wirklich in einem Verband vereinigt waren.
Albert Schmucki war bis 1956 Präsident des VTVS. Aus dem Dank an ihn: "Herrn A. Schmucki, Zürich, dem scheidenden Präsidenten der VTVS, möchten wir an dieser Stelle für seine geleistete Arbeit, vor allem aber für seine klare Haltung in tanzsportlichen Angelegenheiten, bestens danken."
Aus der Tanz Illustrierten Nr. 40 vom Februar 1956 - Zu beachten: Dickgedrucktes unten |
Trudi Schmucki ihrerseits prägte den Schweizer Tanzlehrer-Verband über 50 Jahre lang: Sie war von 1952 an ununterbrochen und mit grösstem Einsatz im Verbandsgeschehen involviert! Lange Zeit leitete sie die technische Kommission, bereitete unzählige Kandidaten auf die Tanzlehrer-Prüfung vor, amtete als Expertin, war von 1974-84 Präsidentin des Schweizer Tanzlehrer-Verbandes, war massgeblich daran beteiligt, dass 1984 sämtliche damals noch zusätzlich bestehenden schweizer Tanzlehrer-Verbände fusionierten (damals: SOB = Swiss Official Board, heute: swissdance).
Sie hat den Schweizer Tanzlehrer-Verband nicht nur in Blackpool vertreten, sondern unzählige internationale Kongresse und Weltkongresse besucht und das Wissen daraus in den Verband und in ihren Unterricht einfliessen lassen. Dass sie dabei fast lückenlos am schweizerischen Tanzlehrer-Kongress teilgenommen und auch unterrichtet hat, versteht sich von selbst, ist aber alles andere als selbstverständlich!
Auch die Amateur-Turnierszene hatte in ihrem Wirken über Jahrzehnte eine zentrale Rolle inne. So war Trudi Schmucki z.B. 1970 massgeblich für die neue Schrittbegrenzung verantwortlich und hat, zusammen mit anderen Professionals (u.a. Walter Kaiser und Valdemaro Santi) und der Verbandsspitze des SATV, möglichst ideale Rahmenbedingungen für die Turnierpaare geschaffen. Aus dem Protokoll der ausserordentlichen Delegiertenversammlung des SOB (heute swissdance) vom 6. September 1970:
"Frau Schmucki erläutert, dass das bisherige Bronze-Programm (der Tanzschulen) für die D-Klasse zu beschränkt sei, sie habe deshalb im vorliegenden Vorschlag für die D-Klasse das Figuren-Programm erweitert.
Gegen diesen Vorschlag wird kein Einwand erhoben. Er wird ohne Änderung von den Anwesenden gutgeheissen. Der Präsident fragt darauf den SATV-Präsidenten, Herr Grossmann um dessen Zustimmung, Herr Grossmann erwidert, materiell sei er damit einverstanden, doch bedürfe es noch der Genehmigung der SATV-Abstimmung."
Im weiteren Verlauf der Sitzung geht es um die Aufgaben der Wertungsrichter und deren Ausbildung. Es wird einstimmig beschlossen, dass der Tanzlehrer-Verband einen Wertungsrichter-Lehrgang durchführen soll, in Zusammenarbeit mit dem SATV.
Aus dem ganzen Protokoll geht hervor, wie gut die Zusammenarbeit zwischen Professionals und Amateuren damals war.
Protokoll der ausserordentlichen Delegiertenversammlung des SWISS OFFICIAL BOARD vom Sonntag, 6. September 1970 |
1989 hat Trudi Schmucki, zusammen mit Gerd Hädrich aus Deutschland, ihre überarbeitete Version des Social Dance Programs (Gesellschaftstanz-Programm) präsentiert, welche über Jahre Gültigkeit hatte. Ihr Einsatz für die Tanzszene ist kaum zu überbieten!
Seit 1979 verschickt Trudi Schmucki Weihnachtsbriefe an ihre engsten Freunde und Verwandte. Die Weihnachtsbriefe sind ihr persönlicher Jahresrückblick und eine höchst interessante Fundgrube für viele Ereignisse und Tatsachen der letzten 25 Jahre:
1981: "There has been a slight recession, but not because there are less people interested in dancing, but there are now more schools in existence, with young teachers. As most of them are trained by me, I can't really complain... Zurich's population is now down to 400.000 (from 600 000). The dance teachers association of which I am president has expanded from about 35 members when I took over in 1974 to over 70, and I am proud of the new generation of teachers."
1984: "In 1984 my work as President of the swiss Dance Teachers' Association has come to an end, due to the amalgamation of the 4 existing societies of which ours was the largest. In the new society I have accepted the post of Vice-Pres... I am still very much involved with the coaching and syllabi for new dance teachers. This, however is work I enjoy doing... Dancewise there is a certain stagnation in the ballroom scene. The Tango craze so spoken of a year ago fizzed out and died without ever really getting going, and Rock'n'Roll has passed the crest of the wave. The new craze of break dancing, electric Boogie and body popping doesn't enter the ballroom dance school... I had a weeks holiday before Easter, and drove down to the south of France, where a dance teacher colleague (Walter Kaiser) has converted an old farm into a 'pension'. I really enjoyed it."
1987: "The school is continuing successfully and I see myself teaching as long as I can keep going a) because I enjoy it, and b) because it seems to keep me fit... Albert of course had his 80th birthday this year, so at a big party in June (240 people) we celebrated that, plus the 40th anniversary of my arrival in Switzerland, my 40 years as a qualified teacher as well as (hush!) receiving my old age pension."
1988: "The dance films 'Dirty Dancing' and 'Salsa' instigated a wave of interest in 'together' dancing which has brought quite a lot of new pupils into the schools... Fortunately, the atmosphere among pretty well all dance teacher colleagues (in Zurich at any rate) is excellent. The standard of the profession here has gradually risen over the years, and that is a fact which greatly helps at all meetings and discussions and generally makes for a friendly exchange of ideas and teaching methods."
1989: "The school is doing better than ever - classes bursting at the seams - lots of young people - new dances e.g. Lambada, Mambo, Salsa, Merengue... One large piece of work I did was to edit the World Dance Programme, and I am very pleased that my version was accepted as valid at the meeting of the International Council of Ballroom Dancing in May at Blackpool."
1990: "This is the saddest of all the news letters... Albert, my husband, dance partner and friend over a period of 40 years, died on August 26th, aged 83 years..."
1991: "We renamed ourselves SwissDance this year... What I do enjoy is coaching young teachers for higher grade exams... At the end of July I spent 3 days in Augsburg, Germany, at an exam session of the German Prof. Dance Teachers' Association to experience how they conduct their exams. These are of course on a much larger scale than ours, also on a higher level; this is not surprising as they have a 3 year compulsory apprenticeship."
1992: "At the end of May I spent a week in Blackpool as representative of SwissDance. There was a World Congress and the ICBD meetings during the day and competitions to watch in the evenings. It was all very interesting, but what impressed me most was the dancing of the under 21's. The level is incredible. They must breathe, eat, drink and sleep dancing."
1995: "Of course THE EVENT of the year was my big 'O' birthday in March. It was an absolute smasher... Even Reg, my teacher colleague who had his 70th last year, honoured me with a waltz!"
2003: "I am still doing my weekly schedule of swimming, aquafit, aerobics, fairly frequent film and theatre visits, and work in the house and garden."
2004: "I am still enjoying my 2 days of teaching per week... In August I went to the Dance Teachers' Congress on the lake of Lucerne and saw an open-air production of a William Tell play - very well done - at the Rütli... I also visited the Tutanchamun exhibition in Basel... I will be back in Zurich for my 80th on Sunday, March 20th (2005). I am just having 'open house' in the afternoon at the place where I teach on Thursdays, so if you are in the vicinity please do drop in (without a present), as your presence will be present enough!"
Aus den Weihnachtsbriefen von Trudi Schmucki geht auch hervor, wie wichtig ihr langjährige Beziehungen, Treue und Vertrauen sind, auch Beziehungen, die sich nicht ans Tanzen knüpfen. Ihre Tanzschüler bezeichnet sie als "ihr Kinder-Ersatz".
Im Januar 2001 wurde das 50-jährige Bestehen der Tanzschule Schmucki gefeiert und in den Medien gewürdigt. Kurz darauf zog sich Trudi Schmucki zwar von der Tanzschule an der Schoffelgasse zurück, aber, es stand in den Weihnachtsbriefen, die Begeisterung und die Energie für das Tanzen sind ungebrochen: Auch in ihrem 80. Lebensjahr unterrichtet Trudi Schmucki weiterhin an 2 Abenden! Unter ihren Hobby-Tanzpaaren sind Paare, die nach über 25 Jahren immer noch dabei sind! Wenn das nicht für die Unterrichts-Qualität von Trudi Schmucki und die Wertschätzung durch die Tanzpaare spricht!
Und, unglaublich aber wahr, im Jahre 2001 hat Trudi Schmucki selbst noch einmal ein Tanzturnier getanzt! Sogar eine Europameisterschaft! An den Eurogames in Hannover! Ausschnitte aus dem Bericht darüber:
"Trudi ... im Ballsaal: ... Das Tanzereignis des Jahres fand am 3. und 4. August im Rahmen der Eurogames Hannover 2001 statt. Die Organisatoren von TanzArt Hannover luden in den geräumigen und prächtig hergerichteten Ballsaal des Maritim Airport Hotels Hannover.
39 Frauen- und 30 Männerpaare nahmen die Einladung zum Standardtanzen an. Zum Turnier in den Lateinamerikanischen Tänzen traten am zweiten Tag 45 Frauen- und 28 Männerpaare an... Das Feld der Tänzer und Tänzerinnen stammte zu ungefähr 2/3 aus Deutschland. Des Weiteren kämpften britische, österreichische, schweizer, belgische, niederländische und erstmals dänische Paare um die Medaillen. Ein amerikanisches sowie ein kanadisches Paar waren ebenfalls am Start...
Zwei hervorragend organisierte, minutiös durchgeführte Turniere auf hohem sportlichen Niveau in einem prachtvollen Saal mit grosser Tanzfläche und nicht zuletzt fantastischer Atmosphäre... (17 Wertungsrichter, 7 pro Wettkampfrunde)
Trudi! Trudi!... Die grosse, alte, junge Dame des schweizer Tanzsports, Trudi Schmucki, war nicht nur die älteste Teilnehmerin des Standardturniers, sondern auch die älteste Teilnehmerin der Eurogames 2001 überhaupt. Dafür erhielt sie bei der wunderbaren Abschlussfeier der Eurogames Hannover 2001, erneut im Ballsaal des Maritim Airport Hotels, vor stehenden Ovationen einen der Challenge Cups der EGLSF. Wer sonst kann von sich behaupten, mit 76 Jahren, ja mit sechsundsiebzig, im Finale einer Europameisterschaft gestanden zu haben?..." Christian Pohl - Münster
In ihrem Weihnachtsbrief 2001 schreibt Trudi darüber: "Which brings me to the second big highlight of the year, the gay games, last year held in Zürich, this year in Hannover at the beginning of August. In the course of the season from Sept. 2000 to August 2001 Barbara (Ruf) and I trained 7 female couples in Ballroom and Latin-american. They did excellently in the competitions, with several medalplacings. Eventually Barbara and I also danced in the Ballroom section and even made the final in the 2nd highest category. I just hoped I could get through the Quickstep! So there has been a 50 year period between my fist competition at 26, and my last at 76! It is not compulsory to actually be gay or lesbian to take part, it just has to be an all male or all female partnership. They gave me a trophy for being the oldest (probably oldest ever!) participant."
Bravo! Das beweist einige der Markenzeichen von Trudi Schmucki, die sich nicht scheut, Barrieren zu durchbrechen, die gerne Neues in Angriff nimmt, die sich immer eine Neugier bewahrt hat, die jetzt beinahe noch so aufnahmefähig ist, wie mit 20. Nicht umsonst hat sie seit kurzem einen Computer und ist fleissig am Lernen...
Auch das Schwimmen betreibt Trudi Schmucki nach wie vor leidenschaftlich, wenn auch nicht mehr ganz so extrem wie früher. 1980 war nämlich im Weihnachtsbrief zu lesen: "My greatest achievement this year was swimming across the lake of Zürich which I have wanted to do for 30 yrs. 1.8 km. In 46 minutes. I felt jolly proud of myself!"
Trudi ist viel mit Ursula Arni zusammen, eine Freundschaft, die mit Reg Borrow begann und über seinen Tod hinaus anhält.
Am 20. März 2005 feiert Trudi Schmucki ihren 80. Geburtstag. Dazu gratulieren wir ihr im Namen der gesamten Tanzszene sehr herzlich und wünschen ihr das Allerbeste, vor allem natürlich gute Gesundheit und viel Freude! Und dass sie sich auch als grosse "alte" Dame ihre jugendliche Frische noch lange erhalten kann. Mit den Glückwünschen verbunden ist ein riesengrosses und herzliches Dankeschön für ihre grossartigen und beispiellosen Verdienste um die schweizer Tanzszene!
Michael SchererFelix Stadelmann, Fellow IDTA, unseren Freund und Webserver, ein Tanz-Enthusiast wie wir, der unsere umfangreiche Homepage ermöglicht hat.
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