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Walter & Marianne Kaiser

8. September 1962: Europameisterschaft Professional Standard, Wiesbaden


tanz-Illustrierte Oktober 1962 - Auszüge

Europa-Meisterschaft mit Bremse und trotzdem ein grosses Fest

Sie (alle Paare) lieferten einen dramatischen Wettstreit, auf den das so oft leichtfertig geschriebene Wort "Sie gaben ihr Bestes" wahrhaftig um so mehr zutraf, als sie hin und wieder durch die Musik und von der ersten bis zur letzten der zwanzig Runden, die die Finalisten zu tanzen hatten, durch die Tanzfläche gebremst wurden...

Dabei war alles so gut gemeint gewesen. Um zu verhindern, dass das spiegelblanke Parkett der Rhein-Main-Halle die Jupiterlampen des Fernsehens zu stark reflektierte, war ein Unglücksrabe auf den Gedanken gekommen, die Tanzfläche einzuölen. Diese Oberfläche hatte sich dann bis zum Turnierabend mit dem Gleitwachs zu einer klebrigen Schicht verbunden...

1500 Zuschauer waren versammelt, Millionen bereiteten sich in sechs Ländern auf den Empfang vor, da gab es kein Pardon, bis Bill und Bobbie Irvine ihre englischen Landsleute Peter Eggleton und Brenda Winslade besiegt hatten und die neue Rangliste der besten europäischen Standardtänzer mit den Holländern Wim Voeten und Jean Assman (Dritte), den Deutschen Siegried und Anneliese Krehn (Vierte), den Schweizern Walter und Marianne Kaiser (Fünfte) und den Deutschen Ernst und Helga Fern (Sechste) vollständig war.

Die Irvines gewannen Tango, Wiener Walzer und Quickstep, sie mussten Langsamen Walzer und Langsamen Foxtrott an ihre Verfolger abgeben. Peter Eggleton und Brenda Winslade erreichten nicht die in jeder tänzerischen Phase fast vollständige Harmonie, die den Irvines eine so starke Ausstrahlung gibt. Eggleton ist zu sehr eiskalter Techniker, seine Partnerin zweifellos eine Tänzerin von grossem Format, die jedoch im Ausdruck von ihm nicht ausreichend ergänzt wird, wenn wir uns gewissermassen aus kontinentaler Sicht dieses Urteil über die beiden hervorragenden Repräsentanten des englischen Stils erlauben dürfen.

Es ist offenbar eine Überbewertung der Technik, mit der englische Wertungsgerichte fast regelmässig Eggleton vor Irvine placieren. Das Wertungsgericht in Wiesbaden war sich in der gegenteiligen Auffassung ganz einig - der Belgier Paumen, der Däne Carlsen, der in Holland geborene in England beheimatete Tolmeyer, der Holländer van der Meulen und der Leiter des Fachausschusses für Gesellschaftstanz im Allgemeinen Deutschen Tanzlehrerverband, Horst Haase (Berlin).

Die holländischen Meister Wim Voeten und Jean Assman bestätigten ihren Rang als bestes kontinentales Paar in den Standardtänzen abermals, das deutsche Meisterpaar Siegfried und Anneliese Krehn griff in das erwartete Duell zwischen den Holländern und den Schweizer Meistern Walter und Marianne Kaiser ein. Nach Langsamem Walzer und Tango lagen die beiden Paare punktgleich, dann zogen die Krehns davon, indem sie im Wiener Walzer den zweiten Platz belegten (Kaisers den fünften) und auch in Slow-Fowtrot und Quickstep jeweils um einen Platz weiter vorankamen. Die Düsseldorfer sicherten sich damit klar den vierten Platz, und Kaisers kamen auf den fünften vor Ernst und Helga Fern aus Düsseldorf, deren Teilnahme an der Endrunde als weiterer Erfolg für Deutschland gewertet werden darf...

Breiten wir über die Samba der Italiener - eine Konzession an den Eurovisionspartner - den Mantel der Nächstenliebe, und erinnern wir uns zum Schluss noch einmal der strahlenden Frische, mit der die Europameister, Bill und Bobbie Irvine, ihre Schlusstänze über das Parkett wirbelten, als wären sie selbst durch heissen Asphaltboden nicht zu bremsen gewesen. Nun, wir haben sie nach keinem Turnier bisher so erschöpft gesehen wie nach diesem. Das hinderte Bill jedoch nicht daran, beim traditionellen Würstchenessen die Freundschaft durch den Tanz (in deutscher Sprache) zu feiern und zum Ausdruck zu bringen, dass es eine noch grössere Freude wäre, in Europa zu leben, wenn Herr Chruschtschow Turniertänzer wäre.

HGS (Hans-Georg Schnitzer)



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